Rückstandsanalytik

Die Herstellung von Milchprodukten setzt eine einwandfreie Qualität der dafür eingesetzten Rohmilch voraus.
Folglich wird seit mehr als hundert Jahren eine konsequente Eingangsprüfung der angelieferten Milch in den Molkereien bzw. in speziell hierfür eingerichteten unabhängigen Labors vorgenommen. Aus den heutigen hohen Qualitätsansprüchen leiten sich die Maßstäbe für zu kontrollierende Parameter und daraus folglich der zu betreibende Prüfaufwand bezüglich Analysemethoden und Probenumfang ab.
Im Fokus stehen hier Umweltkontaminanten wie PCB und Pestizide vornehmlich aus Immisionen bei Futtermitteln, Reinigungsmittelrückstande wie Chloroform oder QAV (quartäre Ammoniumverbindungen) und Chlorat, Perchlorat sowie bestimmte Pharmakarückstände und Aflatoxine.
Aus der Basisverordnung zur Lebensmittelsicherheit, VO 178/2002/EG, ergibt sich eine Verpflichtung sowohl für die öffentliche Hand (§ 51 LFGB) als auch für den einzelnen Lebensmittelunternehmer (VO 852/2004/EG), vorsorgliche Risikobewertungen und Kontrollen zur Vermeidung vom Eintrag unerwünschter Substanzen durchzuführen.
Das Milch-Monitoring in Baden-Württemberg wird von den Molkereien als Instrument im Rahmen ihres betrieblichen HACCP-Konzeptes hinsichtlich der Rohmilchanlieferung genutzt und ergänzt die spezifischen Kontrollansätze der Molkereien. Der überbetriebliche Ansatz mit der zentralen Durchführung über den Milchprüfring Baden-Württemberg e.V. sichert vor allem eine angemessene Risikobewertung gemäß den Gegebenheiten im Land, sowie eine wirtschaftliche Analysendurchführung über die Bündelungseffekte ab.
Methoden der Rückstandsanalytik
UNTERSUCHUNGSPARAMETER | ANALYTISCHES VERFAHREN | NORMIERUNG |
Halogenkohlenwasserstoffe | Untersuchung von Lebensmitteln - Bestimmung von niedrigsiedenden Halogenkohlenwasserstoffen in Milch | ASU L 01.00-35, 1990-06 a |
Untersuchung von Lebensmitteln - Bestimmung von niedrig siedenden halogenierten Kohlenwasserstoffen in Speiseölen | ASU L 13.04-1, 2006-12 a (DIN EN ISO 16035) | |
Chloramphenicol | Enzymimmunoassay zur quantitativen Bestimmung von Chloramphenicol (Modifikation: hier nur Milch) | R-Biopharm AG, RIDASCREEN® Chloramphenicol R1511, 2021-02 a |
Aflatoxin M1 | Enzymimmunoassay zur quantitativen Bestimmung von Aflatoxin M1 in Milch und Milchpulver | R-Biopharm AG, RIDASCREEN® Aflatoxin M1, R1121, 2021-02 a |
Melamin | Enzyme-Linkes Immunosorbent Assay (ELISA) für die Bestimmung von Melamin in kontaminierten Proben | ABRAXIS Inc. PN50005B 2022-01 a |
Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) | Bestimmung Quartärer Ammoniumverbindungen in Milch und Milchprodukten mittels LC-MS/MS | 05026100.QMD, 2019-12 a |
Hemmstoffe | Bestimmung von Hemmstoffen in Milch mittels LC-MS/MS | 05026200.QMD, 2021-06 a |
Chlorat, Perchlorat | Bestimmung von Chlorat und Perchlorat in Milch und Milchprodukten mittels LC-MS/MS | 05026900.QMD, 2021-05 a |
Hemmstoffe inklusive Chinolone | Nachweis von Chinolonen (und anderen Hemmstoffen) in Milch | AIM GmbH, BRT q-sense, 4120, 2022-07 a |
Hemmstoffe | Nachweis von Neomycin, Streptomycin und Gentamycin in roher vermischter Milch | Charm Sciences INC, LF-NEOSTREP-G, 2022-02 na |
(a akkreditiert; na nicht akkreditiert)
Polychlorierte Biphenyle (PCB)
Von der Substanzklasse der polychlorierten Biphenyle (PCB) existieren 209 Einzelverbindungen, die auch Kongenere genannt werden. Bei der industriellen Herstellung entstehen immer komplexe Mischungen der verschiedensten Zusammensetzung (nie Einzelverbindungen). Die Substanzen wurden aufgrund ihrer technologisch günstigen Eigenschaften in der Vergangenheit in großen Mengen als Transformatorenöl, Hydraulikflüssigkeit, als wasserbeständiger Weichmacher in Anstrichen, Lacken und Kunststoffen sowie als feuerhemmendes Imprägniermittel eingesetzt. Der Abbau in der Umwelt erfolgt sehr langsam. Seit 1989 die Verwendung dieser Stoffe verboten wurde, ist die Belastung in Lebensmittel beständig zurückgegangen. Trotz dieser Tatsache ist eine weitere Beobachtung dieser Substanzklasse erforderlich, da über Belastung von Futtermitteln (z.B. durch alte Siloanstrichen, Altlasten in Böden oder ähnlichem) nach wie vor PCB in den Nahrungskreislauf gelangen kann.
Seit Mai 2001 ist PCB durch die Stockholmer Konvention weltweit verboten.
In der Praxis ist die Bestimmung aller 209 PCB-Kongeneren nicht praktikabel, deshalb werden normalerweise nur sechs Indikator-Kongenere PCB Nr. 28, 52, 101, 138, 153, 180 analysiert.
Organochlorpestizide
Organochlorpestizide sind Organochlorverbindungen, die als Schädlingsbekämpfungsmittel früher in Deutschland eingesetzt wurden und auch heute noch in zahlreichen anderen Ländern Verwendung finden. In Deutschland dürfen heute keine Organochlorpestizide mehr angewendet werden. Zu der Stoffgruppe gehören Aldrin, Dieldrin, Chlordan, DDT, Endrin, Heptachlor, Hexachlorbenzol (HCB), Pentachlorphenol (PCP), Methoxychlor, Toxaphen, Endosulfan und Hexachlorcyclohexan (HCH, Lindan). Die Organochlorpestizide sind stabile Verbindungen, die sich in fetthaltigen Substanzen anreichern können.
Die größte Aufmerksamkeit bei der chemisch-analytischen Analyse beanspruchen nach wie vor die Chlorkohlenwasserstoffe Hexachlorbenzol (HCB), α-HCH, β-HCH, Lindan (γ-HCH), DDT und Dieldrin.
Diese unterliegen zwar seit Jahren einem gesetzlichen Anwendungsverbot, jedoch sind diese chemisch sehr stabil und sehr gut fettlöslich. Es kommt daher nach wie vor zu einer Anreicherung mit diesen Chlorkohlenwasserstoffen im Fettgewebe des Menschen, der am Ende der Nahrungskette steht. Dass ein Monitoring weiterhin erforderlich ist, zeigt ein aktueller Fall in Österreich: beim Verbrennen von Klärschlamm als Sekundärbrennstoff wurde HCB freigesetzt und hat sich in Futtermittel angereichert.
Alle Fragen im Zusammenhang mit Rückstandshöchstgehalten (Maximum Residue Levels – MRL) für Pestizide in Lebens- und Futtermitteln werden in der - Verordnung (EG) Nr. 396/2005 geregelt.
Chlorierte Halogenkohlenwasserstoffe insbesondere Trichlormethan (Chloroform)
Trichlormethan, auch Chloroform genannt, kann entstehen, wenn Aktivchlor mit organischen Kohlenstoffverbindungen, also z.B. Milchbestandteilen, in Berührung kommt. Chlor ist im landwirtschaftlichen Bereich in vielen kombinierten Reinigungs- und Desinfektionsmitteln (R+D-Mitteln) für Melkanlagen und Milchtanks enthalten. Trichlormethan kann daher bei Reinigungsvorgängen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb entstehen und unter Umständen in den Rohmilchtank gelangen. Trichlormethan ist fettlöslich und, wenn es in die Milch gelangt, im Milchfett zu finden. Problematisch kann der Trichlormethangehalt in Produkten werden, die viel Fett enthalten. In der Ausgangsrohmilch ist die Einhaltung eines Wertes von <2,5 µg/kg Milch Trichlormethan anzustreben, um problemlos die Anforderungen des Gesetzgebers und des Handels an die Endprodukte einhalten zu können.
In der jüngsten Vergangenheit wurden in mehreren EU-Mitgliedsstaaten und auch in einzelnen deutschen Bundesländern flächendeckende Kontroll- und Untersuchungsprogramme auf Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmittel installiert. Diese ergänzen die bereits seit Jahrzehnten bestehenden Stichproben der amtlichen Überwachung und die der Molkereien. Mit Auslöser sind Handelsspezifikationen, die die Vorlage einschlägiger Untersuchungsergebnisse (Molkereiprodukte, Milchsammelwagen, Milcherzeugerebene) und die Einhaltung von Richtwerten deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten vorsehen. Beim korrekten Einsatz zugelassener R&D-Mittel ist ein Trichlormethaneintrag vermeidbar.
Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV)
Quartäre Ammoniumverbindungen sind kationische Tenside. Hauptvertreter dieser Stoffgruppe sind Benzalkoniumchloride (BAC) und das Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC). Quartäre Ammoniumverbindungen sind seit Jahrzehnten bewährte Desinfektionsmittel, die in der Lebensmittelverarbeitung im Einsatz sind. In einem Monitoring, das zwischen 2010 und 2012 an Rohmilchproben durchgeführt wurde, konnten QAV Rückstände nachgewiesen werden. Ursache ist unzureichende Spülung nach der Anlagendesinfektion und insbesondere zu niedrigen Spülwassertemperaturen. Rückstände von QAV können also bei guter fachlicher Praxis vermieden werden.
Ursache der neuen Diskussion über QAV-haltige Desinfektionsmittel war eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung, BfR, über die Gesundheitliche Bewertung der Rückstände von Benzalkoniumchlorid (QAV) in Lebensmitteln vom 09.Juli 2012.
Der ursprünglich herangezogene Grenzwert von 0,01 mg/kg orientiert sich am Einsatzverbot einzelner Stoffe als Pflanzenschutzmittel und ist daher für die Beurteilung als Rückstand der R&D-Mittel-Anwendung wenig geeignet. Darüber hinaus bewegt sich dieser Grenzwert an oder unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze. Für DDAC hat der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit (StALuT) einen Toleranz-/Sicherheitswert von 0,5 mg/kg für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln bzw. Futtermitteln bereits festgelegt. Seit dem 26.07.2012 ist der gleiche Sicherheitswert auch für die Benzalkoniumchloride (BAC) gültig. Beim Vorkommen von BAC und DDAC nebeneinander gilt der Sicherheitswert für jede Gruppe separat.
Damit dürfen Lebensmittel und Futtermittel pflanzlicher und tierischer Herkunft mit einem DDAC-Gehalt höher als 0,5 mg/kg oder/und einem BAC Gehalt höher als 0,5 mg/kg nicht in den Verkehr gebracht werden.
Mit der Verordnung (EU) Nr. 1119/2014 zur Änderung von Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 wurden Höchstgehalte für Lebens- und Futtermittel festgelegt. Demnach gelten seit dem 12. November 2014 spezifische Rückstandshöchstgehalte für DDAC und BAC von je 0,1 mg/kg für alle Warenarten gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Es gilt eine Übergangsfrist von neun Monaten. Das bedeutet, dass nur bis zum 11. August 2015 für DDAC und BAC die Schwellenwerte für die Verkehrsfähigkeit in Höhe von 0,5 mg/kg gelten und anzuwenden sind.
seit dem 12. August 2015 gilt der neue Schwellenwert von 0,1 mg/kg Rohmilch für jede der beiden Substanzen. Für Milch für Kinder- und Säuglingsnahrung gilt weiterhin der Grenzwert von 0,01 mg/kg für jede der beiden Substanzen.
Chlorat/Perchlorat
Chlorate sind herbizid wirksame Stoffe. Seit Mai 2010 ist die Anwendung von chlorathaltigen Unkrautvernichtungsmitteln in allen Ländern der EU verboten. Auch in Biozidprodukten darf Natriumchlorat nicht mehr angewendet werden. Eine direkte Chlorierung von Lebensmitteln ist in der EU verboten. Im Jahr 2015 stellte die EFSA fest, dass der Chloratspiegel im Trinkwasser und in Lebensmitteln zu hoch ist. Chlorate können entstehen, wenn Chlor oder Chlorverbindungen zur Desinfektion von Wasser eingesetzt werden. Damit soll verhindert werden, dass Wasser zum Beispiel in Rohrleitungen verkeimt. Wird gechlortes Wasser zum Bewässern von Nahrungspflanzen oder in der Lebensmittelproduktion, wie beispielsweise zum Waschen/Glasieren von Obst und Gemüse oder zum Rückverdünnen von Saftkonzentraten verwendet, können Chloratrückstände in die Lebensmittel gelangen. Auch durch chlorhaltige Reinigungsmittel kann es zu Rückständen im Lebensmittel kommen. Chloratbelastungen sind vor allem auf pflanzlichen Produkten (Obst und Gemüse) zu erwarten.
Am 04. Juni 2020 wurde die Änderung der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 (EU-Pestizid-Verordnung) hinsichtlich der Rückstandshöchstgehalte von Chlorat in oder auf bestimmten Erzeugnissen veröffentlicht. Für Milch wurde in der Verordnung ein Rückstandshöchstgehalt von 0,1 mg/kg Chlorat festgelegt. Wie für alle anderen nicht mehr zulässigen Pflanzenschutzmittel galt für Chloratrückstände bis Mitte 2020 ein EU-weiter Höchstgehalt von 0,01 Milligramm je Kilogramm (mg/kg). Säuglings- und Kleinkindernahrung unterlag einem Höchstgehalt von 0,01 mg/kg für das verzehrfertige Erzeugnis, unabhängig von der Herkunft des Rückstands. Dieser auch weiterhin gültige Höchstgehalt ist weder toxikologisch noch aus der guten Agrarpraxis abgeleitet, sondern soll die generelle Nichtanwendung von Pflanzenschutzmitteln bei diesen Erzeugnissen widerspiegeln. Da bisher immer die allgemeingültige Höchstmenge von 0,01 mg/kg angewendet wurde und keine Chloratrückstände in Milch zu erwarten sind, ist diese seit 2020 geltende Änderung ohne Bedeutung, zumal der Rückstandshöchstgehalt für Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder weiterhin bei 0,01 mg/kg liegt.
Perchlorate sind Salze der Perchlorsäure. Perchlorat kommt in der Umwelt in natürlicher Form als Ablagerungen von Stickstoff und Kalium vor, kann sich in der Atmosphäre bilden und in Boden und Grundwasser gelangen. Es kommt außerdem durch die Verwendung von Stickstoffdünger und die Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Ammoniumperchlorat, das in Raketentreibstoffen, Sprengstoffen, Feuerwerkskörpern, Fackeln und Aufblasvorrichtungen für Airbags sowie bei bestimmten industriellen Prozessen eingesetzt wird, als Umweltschadstoff vor. Perchlorat kann sich auch beim Abbau von Natriumhypochlorit bilden, das zur Desinfektion von Wasser verwendet wird, und kann das Trinkwasser kontaminieren.
Perchlorate wurden in der EU nie als Pflanzenschutzmittel- oder Biozidwirkstoff genehmigt. Perchlorat kann jedoch bei der Verwendung von chlorhaltigen Substanzen zur Reinigung oder Desinfektion als Nebenprodukt entstehen. Nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse ist als Eintragspfad der Kontakt von Lebensmitteln mit Wasser, das zuvor zu Desinfektionszwecken mit chlorhaltigen Biozidprodukten behandelt worden ist, wahrscheinlich. Die Aufnahme von Perchlorat kann zu einer reversiblen Hemmung der Jodidaufnahme in die Schilddrüse führen.
Höchstgehalte für Perchlorat in Lebensmitteln waren bis Mitte 2020 nicht festgelegt. Es galt bis dahin generell ein Minimierungsgebot den Gehalt an Kontaminanten in Lebensmitteln auf so niedrige Werte wie vernünftigerweise möglich zu begrenzen gemäß dem ALARA-Prinzip: as low as reasonably achievable. Seit 1. Juli 2020 gelten mit der Verordnung (EU) 2020/685 Höchstgehalte für Perchlorat in Lebensmitteln, die in der Verordnung 1181/2006 umgesetzt wurden. Ein Höchstgehalt für Milch ist nicht hinterlegt, wohl aber ein Höchstgehalt für Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder sowie Kleinkindnahrung von 0,01 mg/kg.
Auch wenn in der Milch keine Perchlorat Rückstände zu erwarten sind, ist es wichtig Untersuchungsbefunde von Perchlorat in Milch bereit zu haben, da der Schadstoff weiterhin im Fokus der Überwachung steht.
Aflatoxin M1
Aflatoxin M1 ist ein Mykotoxin, welches als Umwandlungsprodukt in der Leber von Nutztieren aus den Aflatoxinen B/G (B1, B2, G1 und G2) entsteht. Diese Aflatoxine können in verschimmeltem Futter von bestimmten Pilzstämmen der Gattung Aspergillus flavus gebildet werden. Der Übergang von Aflatoxinen aus Futter in tierische Produkte wird auch als „carry over“-Effekt von Mykotoxinen bezeichnet. Es wird von einem weitgehend linearen Zusammenhang von der Aflatoxin B1-Kontamination des Futters mit der in der Milch zu messenden Aflatoxin M1-Konzentration ausgegangen. Bei der Verarbeitung von Aflatoxin M1-haltiger Rohmilch kann das Aflatoxin auch in Folgeprodukte übergehen.
Leider erscheinen immer wieder belastete Futtermittelchargen auf dem Markt, z.B. Aflatoxin B1 belastete Chargen als Folge von Schimmelbefall. Die Antwort der Milchwirtschaft auf diese Problematik war eine freiwillige Futtermittelvereinbarung. Diese „Vereinbarung über die Kontrolle der Unbedenklichkeit von Futtermitteln für den Einsatz in der Milchproduktion“ haben der Milchwirtschaftliche Verein Baden-Württemberg e.V. und die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft e.V. mit den Futtermittelherstellern abgeschlossen. Gleichzeitig wurde ein Monitoringprogramm von Aflatoxin M1 in Rohmilch etabliert, um mögliche Belastungen im Vorfeld zu erkennen. Erfreulicherweise konnten in Folge der Futtermittelvereinbarung vom Jahr 1990 keine Grenzwertüberschreitungen für Aflatoxin M1 bei baden-württembergischen Rohmilchproben mehr festgestellt werden. Dennoch muss diese Problematik im Auge behalten werden, so wurden im März 2013 in Niedersachsen im Rahmen des dortigen Milch-Monitorings bei der Untersuchung einer Hofmilch ein Aflatoxin M1 Eintrag festgestellt. Das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit berichtete, dass diese Milchprobe höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der Verfütterung einer Charge Futtermittel-Mais aus Serbien kontaminiert wurde.
Hat die Futtermittelwirtschaft gelernt in der 90er Jahren das Risiko durch belastete Sojaimporte in den Griff zu kriegen, tun sich nunmehr über den erweiterten innergemeinschaftlichen Warenverkehr und dem Futtermitteltransfer mit anderen europäischen Ländern neue Problemfelder auf. War in früheren Jahren der Hauptaugenmerk auf Futtermittelimporte (vor allem Futtermitteleiweiß Soja und Mais) aus tropischen Ländern gerichtet, muss mit der Etablierung von Eiweißfutterpflanzen in Europa auch der Landhandel beachtet werden.
Chloramphenicol
Chloramphenicol ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antibiotika und besitzt ein breites Spektrum gegen grampositive und gramnegative Erreger. In der Humanmedizin wird es heute nur noch als Reserveantibiotikum angewendet, wenn andere Optionen versagen.
Chloramphenicol ist als Tierarzneimittel für den Einsatz bei Milchtieren nicht zugelassen.
Nach VO(EU) 37/2010 darf Chloramphenicol als verbotener Stoff in der Milch nicht nachgewiesen werden. Vom internationalen Handel werden Zertifikate über Untersuchungen der Anlieferungsmilch auf Chloramphenicol aufgrund spezieller nationaler Importvorschriften zwingend nachgefragt.
Melamin
Als Chinesischer Milchskandal beziehungsweise Melamin-Skandal wird ein 2008 aufgedeckter Lebensmittelskandal in China bezeichnet.
Der chinesische Milchskandal hat zu einer enormen Nachfragesteigerung nach Milchpulver aus Deutschland/Europa geführt, wobei für den Import in wichtigen asiatischen Märkten „Melaminfrei-Zertifikate“ zwingend vorgeschrieben sind.
Melamin ist gemäß Bedarfsgegenstände-Verordnung zur Herstellung von Kunststoffen mit Lebensmittelkontakt (Verpackungsmaterial) zugelassen. Dort ist für Melamin ein spezifischer Migrationsgrenzwert (Übergang vom Gegenstand auf Lebensmittel) von 30 mg/kg Lebensmittel festgesetzt. Andere Grenzwerte für Melamin in Lebensmitteln gab es in der europäischen und in der nationalen Lebensmittelgesetzgebung nicht.
Aufgrund der aus China bekannt gewordenen Belastung von Lebensmitteln mit Melamin erließ die europäische Kommission am 26. September 2008 die Entscheidung 2008/757/EG. Mit dieser wurden unter anderem die Einfuhr von Säuglingsnahrung mit Herkunft oder Ursprung aus der Volksrepublik China verboten sowie ein Höchstgehalt an Melamin von 2,5 mg/kg für zusammengesetzte Lebensmittel aus China festgelegt. Diese wurde in der nationalen Melamin-Lebensmittel-Futtermittel-Einfuhrverbotsverordnung übernommen. Bei Überschreitung des Höchstgehaltes muss die Ware vernichtet werden. Seit 2011 ist das Einfuhrverbot für Lebensmittel aus China, die mit einem Gehalt von über 2,5 mg/kg Melamin kontaminiert sind, in die Lebensmitteleinfuhr-Verordnung aufgenommen.
Hemmstoffe
Als Hemmstoffe werden Substanzen bezeichnet, die das Wachstum von Lebewesen und Mikroorganismen hemmen oder auf diese abtötend wirken. Solche Stoffe werden deswegen auch zur Erregerbekämpfung bei Erkrankungen und Entzündungen oder zur Reinigung und Desinfektion verwendet.
Hemmstofftabelle nach RohmilchGütV Anlage 3
Hemmstoffgruppe | Umfang des Nachweises | Hemmstoffe/Rückstandshöchstmenge in µg/kg |
1. Penicilline | alle Hemmstoffe | Benzylpenicillin / 4 |
Oxacillin / 30 | ||
Cloxacillin / 30 | ||
Amoxicillin / 4 | ||
Ampicillin / 4 | ||
2. Cephalosporine | mindestens zwei Hemmstoffe | Cefalexin / 100 |
Cefalonium / 20 | ||
Cefapirin / 60 | ||
Cefazolin / 50 | ||
mindestens ein Hemmstoff | Cefoperazon / 50 | |
Ceftiofur / 100 | ||
Cefquinom / 20 | ||
3. Aminoglykoside | mindestens ein Hemmstoff | Streptomycin / 200 |
Dihydrostreptomycin / 200 | ||
Gentamicin / 100 | ||
Kanamycin / 150 | ||
Neomycin / 1500 | ||
4. Makrolide und Lincosamide | mindestens ein Hemmstoff | Erythromycin / 40 |
Tylosin / 50 | ||
Lincomycin / 150 | ||
Pirlimycin / 100 | ||
5. Sulfonamide | mindestens ein Hemmstoff | Sulfadimidin / 100* |
Sulfadoxin / 100* | ||
Sulfamethoxypyridazin / 100* | ||
6. Tetracycline | mindestens ein Hemmstoff | Tetracyclin /100 |
Chlortetracyclin / 100 | ||
Oxytetracyclin / 100 | ||
7. Chinolone | mindestens ein Hemmstoff | Enrofloxacin / 100 |
Ciprofloxacin / 100 | ||
Marbofloxacin / 75 |
Die Rückstände aller Hemmstoffe der Sulfonamidgruppe dürfen insgesamt 100 µg/kg nicht überschreiten.