Mikrobiologie


Rohmilch enthält, wie alle Naturprodukte, eine charakteristische Mikrobiota, die sich aus verschiedenen Mikroorganismen zusammensetzt. Unter diesen Mikroorganismen können sich Arten befinden, die zu einer direkten oder indirekten Qualitätsbeeinträchtigung der Rohmilch oder der daraus hergestellten Produkte führen. Diese Beeinträchtigungen, wie z.B. Geschmacksauffälligkeiten und Texturfehler, können bereits dann auftreten, wenn die Keime in geringer Anzahl (< 100.000 KbE/ml) vorkommen. In der mikrobiologischen Abteilung stehen verschiedene Methoden zur Verfügung um die Rohmilch auf die nachfolgend beschriebenen Keime zu untersuchen.
Untersuchungsmethoden der Mikrobiologie
Untersuchungsparameter | Analytisches Verfahren | Normierung |
Clostridien | Milch - Mikrobiologische Untersuchungsverfahren – Methoden zum Nachweis und zur Bestimmung spezieller Keimgruppen - Sporenbildner, Anaerob (Clostridien) - Bestimmung von Käsereischädlichen Clostridien - Bestimmung von käsereischädlichen Clostridien: Verfahren mit pH-modifiziertem RCM-Agar | VDLUFA Methodenbuch, Band VI, M 7.18.3.1, 4. Erg., 1996 a |
Bestimmung von Clostridien in Milch mittels NIZO-MPN-Verfahren | 05024900.QMD, 2019-04 a | |
Gesamtkeimzahl | Mikrobiologie der Lebensmittelkette – Horizontales Verfahren für die Zählung von Mikroorganismen – Teil 2: Koloniezählung bei 30 °C mittels Oberflächenverfahren | DIN EN ISO 4833-2, 2022-05 na |
Coliforme | Mikrobiologische Milchuntersuchung – Bestimmung der coliformen Keime – Verfahren mit festem Nährboden | DIN 10172-3, 1988-05 na |
Pseudomonaden | Bestimmung von Pseudomonaden in Milch mittels Koloniezählverfahren auf CFC-Agar (Anwendung des Spiralplaters) | 05025300.QMD, 2019-11 a |
Thermophile Sporenbildner | Bestimmung der Anzahl thermophiler Sporenbildner in Rohmilch mittels Koloniezählverfahren auf PC-Agar (Anwendung des Spiralplaters) | 05025400.QMD, 2019-1 |
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Nachweis von anaeroben Sporenbildnern (käsereischädliche Clostridien)
Clostridien sind Bakterien die Endosporen bilden und die meist anaerob, d.h. ohne Sauerstoff, wachsen. Diese hitzeresistenten Sporen können nach der Verarbeitung im Produkt auskeimen und sich vermehren, was den Verderb des Produktes zur Folge hat. Für die Milchwirtschaft bedeutend ist vor allem Clostridium tyrobutyricum, da dieses Bakterium Spätblähung in Hartkäse verursacht. Hauptquelle von Clostridiensporen in Milch ist minderwertige Silage, die die Sporen in den Stallraum abgibt. Clostridien können aber generell auch in Erde, Schlamm, und Staub gefunden werden und finden so auch Eingang in das Futter, wie z.B. Heurundballen. Der Nachweis von anaeroben Sporenbildner erfolgt mittels VDLUFA-Methoden M 7.18.3.1 (anaerobe Sporenbildner) oder über die so genannte NIZO-Methode.
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Coliforme Keime
Coliforme Keime dienen als so genannte Indikatorkeime bei der Beurteilung des Hygienestatus von Milch und Milchprodukten. Als Coliforme Keimen werden diejenigen Gattungen der Enterobacteriaceae bezeichnet, die Laktose unter Gas- und Säurebildung abbauen. Dazu gehören Gattungen wie z.B. Citrobacter sp., Enterobacter sp., Escherichia sp. und Klebsiella sp., die zum Teil auch potentiell pathogene Arten umfassen. Die Überprüfung auf das Vorhandensein Coliformer Keime, insbesondere E. coli, hat daher im Rahmen von Stufenkontrollen in der Milchwirtschaft eine lange Tradition. Der Nachweis von Coliformen Keimen erfolgt auf Kristall-Violett-Neutralrot-Galle-Laktose-Agar (Violet-Red-Bile = VRB-Agar), bei dem charakteristische Kolonien nach Bebrütung purpurrot gefärbt sind
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Identifizierung von Mikroorganismen mittels FT-IR Spektroskopie
Mittels Fourier-Transform Infrarot (FTIR)-Spektroskopie können Bakterien einfach und schnell identifiziert werden. Hierzu müssen die Bakterien zunächst nach einem strikten Standardprotokoll kultiviert werden, bevor das eigentliche Spektrum aufgenommen wird. Aufgrund der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzung der Zelle, erhält man für jede Spezies/Stamm ein individuelles Spektrum, ähnlich einem biochemischen Fingerabdruck, welches zur Identifikation herangezogen werden kann. Das aufgenommene Spektrum wird mittels einer speziellen Software mit den in der Referenzdatenbank hinterlegten Spektren abgeglichen und somit der jeweilige Mikroorganismus identifiziert. Die Technik ermöglicht aber auch eine Differenzierung bis auf Stammebene, welche insbesondere für die Beurteilung mikrobiologischer Schäden in der Lebensmittelproduktion eingesetzt werden kann.
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Pseudomonaden
Kennzeichnend für Pseudomonaden ist deren Fähigkeit zum Wachstum bei niedrigen Temperaturen von ca. 6°C und deren Fähigkeit zur Bildung proteolytischer und lipolytischer Enzyme. Diese Enzyme sind i.d.R. hitzestabil und überstehen die UHT-Bedingungen. Stark beaufschlagte Rohmilch kann in Anbetracht der proteolytischen Aktivität der Mikroorganismen z.B. die Ursache für Ausbeuteverluste in der Käserei sein. Die Stabilität der Enzyme wird auch beim Export langhaltbarer Ware zum Problem. So können Bittergeschmack und Süßgerinnung z.B. nach 4 Monaten Lagerung von UHT-Milch auftreten. Aktuell stehen den Qualitätssicherungen in den Molkereien keine Verfahren zur Verfügung das enzymatische Potential einer Anlieferungs- oder Zukaufsmilch zum Zeitpunkt der Annahme zu bestimmen. Ein regelmäßiges Screening der Erzeugerbetriebe auf Pseudomonaden ist daher unerlässlich. Der Nachweis von Pseudomonaden erfolgt durch Keimzahlbestimmung auf dem für Pseudomonaden selektiven CFC-Agar (Cetrimid-Agar).
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Psychrotolaerante Sporenbildner
Psychrotolerante Sporenbildner, wie z.B. Paenibacillus sp. und Bacillus sp., spielen vor allem bei nicht hocherhitzten Produkten eine Rolle als Verderbniserreger. Die Sporen überstehen in der Regel die Pasteurisierung und beginnen während der Kühllagerung über eine Dauer von mehr als 7 Tagen zu wachsen. Dadurch können z.B. Geschmacksfehler und Süßgerinnung verursacht werden. Der Eintrag von psychrotoleranten Sporenbildnern kann dabei sowohl durch die Rohmilch erfolgen, als auch durch Rekontamination während des Herstellungsprozesses. Der Nachweis der psychrotoleranten Sporenbildnern erfolgt im MPN-Verfahren (most probable number) über einen Zeitraum von 3,5 Wochen.
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Thermophile Sporenbildner
Thermophilen Sporenbildner kommt bei Milch- und Molkepulver eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere bei Produkten zur Weiterverarbeitung für Kindernahrung, bei denen spezifische Grenzwerte einzuhalten sind, kann ein erhöhter Gehalt an thermophilen Sporenbildnern zur Unverkäuflichkeit der Ware führen. Zu den thermophilen Sporenbildnern, die sich dadurch auszeichnen, dass die Sporen einzelne Verarbeitungsschritte überstehen, gehört z.B. Bacillus licheniformis. Der Eintrag der Sporen in die Rohmilch geschieht überwiegend aus dem Stallumfeld, z.B. aus belastetem Futter oder Einstreu, insbesondere wenn diese Gärprozessen unterlagen.